© 2017 by Jonas Seufert

Die Story ihres Lebens

Haben Sie sich bewusst dazu entschieden, Kinder zu kriegen?  

 

Sie: Mir wurde plötzlich ein neuer Chef vor die Nase gesetzt, da war ich sauer. Ich habe mir gesagt, dann kann ich jetzt auch schwanger werden. Das war eine totale Trotzreaktion. Es dauerte genau drei Monate bis ich schwanger wurde. Ich war geschockt, dass es so schnell geklappt hat. 

 

Haben Sie sich überlegt, was das für ihre Karriere bedeutet? 

 

Ich war aber überzeugt davon, dass ich nach einem Jahr wieder voll einsteige. Da hat mich mein neuer Chef ausgelacht. Ich habe versucht, das nicht so ernst zu nehmen, aber ich war frustriert. Schließlich war mein Chef damals auch ein Freund von mir.  

 

Wie war dann Ihr Plan für die Elternzeit?  

 

Es gab keinen, es gab auch keine Vorbilder. Die Frauen, die bei uns im Ressort waren, hatten keine Kinder. Mein Mann hat gesagt, er macht Elternzeit, aber als das Kind dann da war, war davon ganz schnell keine Rede mehr. Da kam die Angst vorm Karriereknick. Und ich wollte daran nicht schuld sein. Heute sagt er, dass das damals als Ressortleiter völlig ausgeschlossen war. Tatsächlich wäre er der Erste gewesen. Also habe ich dann Elternzeit genommen. 

 

Die Kinder bekommen ja aber beide zusammen. Hatten Sie denn keine Angst vor einem Karriereknick? 

 

Bei mir war der Knick ja schon vorher da. Also das Gefühl, dass sie mir jemanden vor die Nase gesetzt haben. Viele haben im Nachhinein gesagt: Ein Mann wäre wütend gewesen, hätte weitergekämpft und auf die nächste Chance gewartet. Während ich frustriert alles hingeschmissen habe und schwanger wurde. 

 

Würden Sie im Nachhinein etwas anders machen?  

 

Die Sachen, die mich unglücklich machen, kann ich nicht beeinflussen. Das sind äußere Umstände. Zum Beispiel, dass ich unter diesem Chef arbeiten muss, der mich 1998 ausgelacht hat.

Sie haben zwei Kinder. Wie war der Plan für die Elternzeit?  


Er: Ich habe großkotzig versprochen, dass ich zumindest mal drei Monate rausgehe und mich um die Kinderbetreuung kümmere. Ich habe es dann nicht gemacht, aus Angst meinen Ressortleiterposten zu verlieren. Das war total schizophren, weil ich kein begeisterter Ressortleiter war.

 

Die Verträge wurden immer nur für ein Jahr verlängert. Man war deshalb ständig auf dem Prüfstand. Und ich hatte zum Chefredakteur kein gutes Verhältnis. Er war ein extrem konservativer Typ in solchen Fragen und hätte das total unprofessionell gefunden, wenn ich als Ressortleiter ein halbes Jahr Pause gemacht hätte.  

 

Würden Sie im Nachhinein etwas anders machen?  
 
Ich würde auf jeden Fall Elternzeit nehmen, das war echt ein Fehler. Da hat sich in den letzten Jahren aber auch strukturell viel verändert. Wobei Ressortleiter auch heute noch keine Elternzeit nehmen.  

Sie waren auf der gleichen Journalistenschule. Sie sind verheiratet und haben zwei Kinder. Sie arbeiten beim gleichen Printmedium im gleichen Ressort. Trotzdem verdient er mehr als doppelt so viel wie sie. Eine Spurensuche in zwei Gesprächen

Kapitel 2: Die Kinder kommen

INTERVIEW